Als Ljudmila Schäfer vor fünf Jahren an die Stadtverwaltung herantrat, hatte sie eine mutige Idee.
Dafür brauchte sie verschiedenerlei Unterstützung. Sie wollte einen Verein gründen, der Kindern die Sprache, Ge schichte und Kultur ihrer eigenen Vorfahren näher bringt, nämlich die der russlanddeutschen Spätaussiedler.
Angeworben in Zeiten Katharinas der Großen war vor allem die ärmere Landbevölkerung aus Deutschland ihrem Ruf gefolgt.
Kaum war Katharina gestorben, war es auch mit den zugesagten Rechten wie der Pflege der eigenen Sprache und Kultur vorbei.
Der Höhepunkt des Leidensweges war die Stalinzeit.
Doch erst nach dem Fall des Eisernen Vorhangs war der Weg nach Westen für viele erstmals frei.
In den 90er und frühen 2000er Jahren kamen viele deutschstämmige Spätaussiedler auch nach Sinsheim.
Möglichst wenig auffallen, schnell Arbeit finden und sich eingewöhnen war damals deren Devise.
Nach Jahren wurde deutlich, dass die Nachgeborenen nicht wissen, woher sie stammen.
Mit in Russland verbliebenen Verwandten konnten viele Kinder sich nicht mehr verständigen.
Mehrere Lehrerinnen mit Spätaussiedler-Hintergrund fanden sich zusammen, um den Verein alpha betiki in Sinsheim zu gründen.
Vorbild war der Mosbacher Verein Raduga, der schon einige Zeit vorher eine russische Samstagsschule ins Leben gerufen hatte.
Für ihre Idee brauchten Schäfer und ihre Mitstreiterinnen Befürworter und kostengünstige Räume, in denen der Unterricht stattfinden konnte.
Wie bei Vereinen in Sinsheim üblich, gab es Beratung und Unterstützung bei den städtischen Zuständigen.
Schon vor dem Start der Samstagsschule gelang es, eine erste Weihnachtsfeier mit aus Russland mitgebrachtem Brauchtum auf die Beine zu stellen.
Das Sinsheimer Jugendhaus war schon bei der ersten Veranstaltung der passende Austragungsort.
Heute gibt es samstags Unterricht in russischer Sprache und Gechichte, sowie in Kunst und Kultur für Kinder ab dem Kindergartenalter bis zur Pubertät.
Für die Kinder nicht nur ein Baustein zur Sicherstellung der Kommunikation mit Verwandten in Russland, durch die starke musische Ausprägung ist eine wichtige Ergänzung zum oft sehr faktenorientieren Unterricht in der Regelschule entstanden.
Bei der fünften Auflage des russischen Weihnachtsfestes in diesem Jahr brachte die Samstagsschule alpha betiki ein kleines Theaterstück auf die Bühne.
Die Sprechrollen (in russischer Sprache) wurden von den Jugendlichen Schülerinnen und Schülern übernommen.
Die Handlung von der traurigen Prinzessin Nesmejana bot den optimalen Rahmen zum Einbezug aller Altersgruppen.
Verschiedene Tänze wurden von Kindern in unterschiedlichen Altersgruppen auf die Bühne gebracht.
Dies diente dazu, Nesmejana aufzumuntern.
Doch erst nach dem Erscheinen von Ded Maros gelang es, die Hexe als falsche Snegurotschka zu entlarven und die „richtige“ Snegurotschka, die Enkelin von Väterchen Frost, aus der Gewalt der Hexen zu befreien.
Dann war auch Nesmajana wieder glücklich!
Klar, dass Väterchen Frost im Anschluss für jedes Kind ein kleines Geschenk verteilen ließ!
Den ehrenamtlichen Lehrerinnen der russischen Schule dankte Schäfer in ihrer kleinen Jubiläumsansprache.
Ihr besonderer Dank ging an die Stadtverwaltung, insbesondere die Integrationsbeauf tragte Inge Baumgärtner, die als städtische Ansprech partnerin immer mit Rat und Tat zur Seite steht.
Baumgärtner überbrachte die Jubiläumsgrüße des Oberbürgermeisters, der wegen eines Doppeltermins nicht persönlich teilnehmen konnte.
Das vertrauensvolle Miteinander mit Sinsheimer Vereinen ist für Jörg Albrecht eine Selbstverständlichkeit.
Und dass es keinen Unterschied zwischen Alteingesessenen und Neu-Sinsheimern jedweder Herkunft geben darf auch.
Fotos: Integrationsbeauftragte Inge Baumgärtner mit Ljudmila Schäfer und den Lehrerinnen der russischen Schule
Gemeinsames Lied zum „Happy End“ Ded Maros die Akteure des Theaterstückes bei der fünften russischen Weihnacht in Sinsheim